Coversong Roads

giovedì, settembre 08, 2005


Das Wort

Alles das, was Sie verlangen, ja mein Herr, aber sind Wörter die singen, die steigen, die sinken ... Ich werfe mich von ihnen nieder, ich liebe sie, hänge an ihnen, verfolge und beiße sie, vergehe in ihnen. Wörter. Ich liebe sie so sehr. Die unerwarteten ... auf die man voller Fressgier lauert, bis sie bereit sind zu fallen ... geliebte Vokabeln... Funkeln wie farbige Steine, springen wie silberne Fische, sind Schaum, Schnur, Metall, Tau ... Ich verfolge einige Wörter ... Sie sind so schon, dass ich sie alle in mein Gedicht aufnehme ... ich ergreife sie im Flug, wenn sie summen, brummen, ich packe sie, putze sie, schäle sie, setze mich vor den Teller, ich spüre sie, kristallklar, vibrierend, elfenbeinern, planzlich, ölig, wie Früchte, wie Algen, wie Achat, wie Oliven ... und dann wende ich, schüttle, trinke, vertilge ich, zerreibe, schmücke und befreie sie. In meinem Gedicht bleiben sie wie Stalagtiten, wie polierte Holzstückchen, wie Kohle, wie Beute einer Havarie, Geschenke der Wellen. Alles das ist im Wort ... Eine Idee kommt herein und ändert sich, weil ein Wort seinen Platz wechselt, oder weil sich ein anderes wie eine Renette fühlt in einem Satz, den sie nicht erwartete und dem sie gehorchte. Sie haben Schatten, Transparenz, Gewicht, Federn, Haare, alles das wird ihnen hinzu gefügt, während sie zum Fluss rollen, sie durch das Land wandern bis sie Wurzeln schlagen. Sie sind alt, sind neu, im verborgenen Sarg, in der soeben geborenen Blume. Welch schönes Idiom ist das meine, was für eine schöne Sprache erbten wir von schrecklichen Konquistadoren. Sie kamen mit großen Schritten über die entsetzlichen Kordilleren, in die Amerikas auf der Suche nach Kartoffeln, Bohnen, schwarzem Tabak, Gold, Mais, gebratenen Eiern. Suchend, mit einem gierigen Appetit, den in der Welt bisher niemand gesehen hatte. Sie verschlangen alles, Religionen, Pyramiden, Stämme, Götzendienste, die denen glichen, die sie in ihren großen Taschen mit sich führten. Wo sie entlang kamen, hinterließen sie verbrannte Erde. Aber den Barbaren fielen sie aus den Stiefeln, den Bärten, den Helmen, den Hufeisen, wie Steinchen, glänzende Wörter, schimmernd, die sie zurück ließen ... Die Sprache. Wir verloren ... wir gewannen ... Sie nahmen das Gold und ließen uns das Gold ... Sie nahmen alles und ließen uns alles, ließen uns die Wörter.


Pablo Neruda Ich bekenne, ich habe gelebt, Lektorengruppe, Barcelona1976, Seite 58
Quelle: Sonia Marybel Hutton, Foro Cuaderno Porque nos interesa el idioma

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