Coversong Roads

domenica, aprile 23, 2017

Nightstand, Minutennovellen und andere Literatur

Ende der 90er, als ich mich noch in den U.S.A. aufhielt, sah ich Dick Dietricks Show “Nightstand” auf dem E!-Channel. Es war die Zeit, zu der man über politisch Unkorrektes noch lachen durfte. Dafür ist You Tube noch gut. Lohnt sich.
Ich erinnere mich an die Sprüche wie: Are you a deaf mute? Give us a call. - Are you interested in coming to TV to get thoroughly humiliated and have your home life destroyed? Give us a call. - Are you Siamese twins joined at the mouth? If so, give us a call. Und so weiter, Bolzen dieser Natur.
Gestern sang ich mal wieder in der Karaoke O-Lounge im Second Life und wurde doch glatt, da ich in meinem Profil erwähnte, dass ich Kurzgeschichten schreibe (ist zwar schon etwas her), eingeladen, ein paar von ihnen in Bell´s Kultur Café am 27.April um 20 Uhr für eine Stunde vorzutragen. Ich habe noch einen ganzen Sack davon. Die meisten befinden sich auf meiner Web-Seite. Werde mich in den nächsten Tagen heranmachen, einige heraus zu klauben.
Aus dem Anlass heraus habe ich ein paar ausgedruckte Internet-Einträge heraus geflöht, die ich irgendwo als monatliche Blogeinträge unter “vom Hundertsten ins Tausendste” im Internet untergebracht hatte. Hols der Geier, wo das war. Es muss so vor 14 Jahren gewesen sein, einer Zeit, in der ich viele Bücher gelesen und rezensiert hatte. Es kam allerhand zusammen:
Jonathan Franzen: Die Korrekturen - Barrington J. Bayley: The Soul of the Robot - Barrington J. Bayley: Collision with Cronos - Judith Herrmann: Sommerhaus später - Kim Wilkins: Fallen Angel - M.John Harrison: Viriconium - István Örkény: Minutennovellen -
Zugabe! Zugabe: Ich habe noch eine Minutennovelle von mir gefunden.
Die Wolldecke
Der Mann war sehr alt, als er mit seiner Frau bei Alcor in Scottsdale, Arizona eintraf. Sie hatten eine Reisetasche mit. Es sollte in die Zukunft gehen. Die Formalitäten waren erledigt. War die Wissenschaft so weit, dass sie Individuen verjüngen konnte, sollte das Paar aufgeweckt werden.

Er friert so leicht, dachte die Frau, als sie sah, wie ihr Mann eingeschläfert und in den Behälter mit dem Helium gelegt wurde. Zu Hause hatte sie ihm eine Wolldecke auf die Beine gelegt. Als die Techniker weg sahen, öffnete sie Reisetasche und Heliumbehälter. Sie holte eine Wolldecke hervor, legte sie über die Beine ihres Mannes und klappte den Deckel sachte zu.

“Sie haben dreihundert Jahre überdauert, gnädige Frau. Wir können Sie verjüngen. Kommen Sie”, strahlte der Mann im weißen Kittel, zog sie aus dem Heliumsarg und ging mit ihr zu dem anderen Behälter. “Sie wollen doch sicher dabei sein, wenn wir Ihren Mann aufwecken. Öffnen Sie bitte.”

Gleich konnte sie ihren geliebten Mann in ihre Arme schließen. Nach dreihundert Jahren, und sie riss den Deckel hoch. Der Schrei blieb ihr im Hals stecken. Der Mann im weißen Kittel zog eine Wolldecke aus der glibberigen Masse.
 “Ein Grad wärmer, und der Körper löst sich auf”, meinte er bedauernd. “Doch die Wolldecke ist noch gut erhalten.”

Weiter mit den gelesenen Büchern:

Jorge Luis Borges: Das Handwerk des Dichters - Jorge Luis Borges: Fiktionen - Oscar Wilde: Lezioni di Stile - Michael Crichton: Timeline - Flann O´Brian: The Third Policeman - M. John Harrison: Light - Clife Cussler: Sahara

Noch ne Minutennovelle

Hirny
 
Es war kein schöner Anblick. Seine Haare standen zu Berg. Aus seinem Mund tropfte Speichel. Mit weit aufgerissenen Augen rannte der Mann im Zickzack und wirren Figuren auf der Spitalerstrasse umher und verstörte dahin schlendernde Passanten, als er seinen Kopf gegen das Mauerwerk des Kundenzentrums der Hamburgischen Elektrizitätswerke rammte, so dass er halb bewußtlos auf das Straßenpflaster fiel. Dann rappelte er sich wieder auf. Schrecklich war er anzusehen, wie sein Gesicht zuckte, während er sich um sich selbst drehte und die Passanten legten die Hände auf die Ohren, als er nicht aufhörte zu schreien: “Hört auf damit! Hört doch auf!”
Vor einem Monat hatte alles vielversprechend angefangen. In der Bild-Zeitung stand: “Telefonimplantat für uns alle. Nopia und Telekom suchen Testperson. Es winkt ein lebenslanges kostenloses Abonnement.”
Drei Wochen später: “Test mit Telefonimplantat erfolgreich beendet. Es heißt “Hirny” und befindet sich im Kopf von Horst Lammer. Wie wählt er eine Nummer? Er denkt sie. Wird er angerufen, klingelt es in seinem Gehirn. Ruft doch mal an. Erreichbar ist er unter der Nummer 040 12 29 38.”

Und nun zurück zu den gelesenen Büchern.
Edith Wharton: Die Zeit der Unschuld - Wilbur Smith: La spiaggia infuocata - Maurice Walsh: Un uomo tranquillo - John Dos Passos: Manhattan Transfer - Raymond Radiguet: Il Diavolo in Corpo - Henry James: Ritratto di Signora - Jane Austen: Stolz und Vorurteil - E.M. Forster: Howard´s End - Natalia Ginzburg: Caro Michele - Charlotte Bronté: Jane Eyre - Joseph Conrad: Herz der Finsternis - Edgar Allan Poe: Erzählungen

So, das war es, was ich in meinen schriftlichen Unterlagen gefunden habe. Sicher habe ich danach weitere Bücher gelesen, von denen ich aber nicht mehr weiß, dass ich sie gelesen habe, lol. Einige waren auf deutsch, englisch, italienisch. Ach ja, einige Perry Mason auf portugiesisch, wobei ich dort noch immer nur 20 Prozent verstehe, wenn sich die Leute etwas erzählen. Aber ich bleibe dran. Und dann die Urania-SF Taschenbücher auf italienisch mit klassischen Autoren. Ich komme selten dazu. Zur Zeit attackiere ich John Brunners “Il Telepate”. Zeitschriften haben Vorrang, da einige von ihnen jede Woche erscheinen. Ist Arbeit, Leute. Macht aber Spass.

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