Coversong Roads

domenica, novembre 24, 2019

Der Spiegel v. 16.11.2019




Whistleblower sind das Thema dieser Ausgabe. Enthüller, Hinweisgeber, Aufdecker. Gut, dass es sie gibt, ist aber langweilig über sie zu berichten. Whistleblower mögen einige interessieren. Ich bin nicht unter denen. Konnte daher rund 20 Seiten überschlagen. Ist doch gut.

Die Wichtigkeit von Politik wird von Medien auch überhöht dargestellt. Die deutsche ist zu langsam, die italienische zu chaotisch. Wäre ich in Dänemark, Schweden oder Norwegen, würde ich jedes halbe Jahr eine Zusammenfassung bringen. Bei uns, sei es nun in Deutschland oder Italien lohnte es sich vielleicht, jede Dekade darüber zu berichten.

Es gibt einen Bericht über den Bau der Kölner Oper und des dortigen Schauspielhauses. Man scheint mit dem gleichen Modus wie beim Berliner Flughafen an die Fertigstellung herangegangen zu sein. Geplanter Eröffnungstermin geplatzt, ein neuer nicht in Sicht. Aber Musk meint: Deutschland hat tolle Ingenieure. Freuen wir uns also auf die Fertigstellung seiner Mega-Factory für Tesla in der Nähe Berlins.

Nett fand ich den Beitrag von Cathrin Schmiegel, die mit einem jungen Mann, der in Lübtheen in Mecklenburg wohnt, durch dessen Stadt gefahren ist. Die Mieten sind preiswert, reichte nicht aus, um junge Frauen dort zu halten, sie sind weggezogen, doch der Mann hat seine Kumpel, mit denen er Informationen über Autos austauscht und darüber, wie man einen Wagen aufmotzen kann. Intellektuelle Stimulation ist nicht vorhanden, aber die braucht oder will auch nicht jeder. Ein Sixpack Bier reicht.

Ich erinnere mich an einen Zeitungsbericht, den ich las, als ich in Michigan für Dow Chemical arbeitete. In der von Dow gestifteten Bibliothek in Midland sass ich jeden Abend und arbeitete mich durch die Psychologen, um für meinen Psychologie-Kurs ein Research-Paper zu schreiben. Ich hatte die schräge These aufgestellt, dass das menschliche Gehirn sich mit Ruhepausen abwechselnd daran macht, den Wunsch zu lernen auszuführen. OK, ich bekam ein A dafür, Bestnote also, doch stimmte das so nicht. Ich las dort in der Zeitung von einer Frau, die in einem Standesamt der Gegend als Fahrstuhlfüherin arbeitete, und mit dem Job so zufrieden war, der es ihr erlaubte, Besucher vom Erdgeschoss in den ersten Stock und umgekehrt zu fahren, weil man damit stets neue Leute kennenlernen konnte.

Ein junger Mann, der gern in Lübtheen in Mecklenburg lebt, Kontrollfahrten in der Stadt unternimmt, dort arbeitet und statt sich eine Frau greifen zui können, sein Auto aufmotzt und Bier trinkt, von Politik nichts hält. Ist doch nichts Außergewöhnliches. Verstehe natürlich auch die Frauen, die mit Auto und Sixpack Bier und Kontrollfahrten nichts anfangen können, und daher in eine Stadt ziehen. “Sich eine Frau greifen“ kommt sicher nicht bei jedem Leser an, lol. Ich habe das aus dem amerikanischen. Wenn ich in einer Country Bar dort zum Tanzen ging, wie zum Beispiel im Blind Horse Saloon in Greenville, SC war ich mit ein paar Amerikanern zusammen. Es war normal wenn jemand sagte, „There the blonde one over there, I´m gonna grab her“.

Obwohl in dem Artikel so ein unterschwelliger Ton zu sagen scheint: „Warum ist der Bursche nicht auch weg, so wie die Frauen?“, meine ich, dass es doch gut ist, wenn er dort bleibt. Wenn jetzt auch noch alle jungen, zurückgebliebene Männer wegziehen, wohnen nur noch Alte in den kleinen Städten. - Was fehlt ist die Phantasie der Stadtoberen, so einen Ort mit Kultur, Sport, Bildung und Technik anzureichern. Wenn man, wie im Artikel beschrieben, die Bürgermeisterin auf die Frage, was die Stadt für junge Leute mache, antworten hört: „Wir haben ja Vereine.“ Damit meint sie den Ringer-Verein und die Motocross Strecke. Na denn. Dann haben wir ja alles, lol. In den USA ist es auch nicht viel besser: In Dallas, wo ich auch mal tätig war, gab es einen Kurs fürs Servietten falten, dann einen fürs Line Dancing, an dem ich teilnahm und einen für Pool Billard. Der war gut. - In der Fricks Bar of Midland spielten ein deutscher Kollege und ich gegen die Amerikaner an und gewannen eine Armbanduhr. Das war vor dem Kurs. Also kann ich gar nicht so schlecht sein.

Zurück zu den Kleinstädten, genau wie bei uns in Italien: Warum gibt es zum Beispiel keine Maker Spaces in den kleineren Orten. Es kann ja nun nicht jeder ständig mit dem Bus nach Bologna fahren. In Maker Spaces kann man mit anderen Interessierten neue Apparate entwickeln, die Programme dafür testen und sich gegenseitig digitale Dinge beibringen. Wäre so etwas in unserem Ort, hätte ich dort sofort mitgemacht. Durch den Mangel an Einrichtungen wie diesen geht ein gewaltiges Potential an Zukunft verloren.

Ich muss zusehen, dass ich mein Wochenbudget von ein paar Euros nicht überziehe. So entschwindet es meinem Verständnishorizont, wenn ich lese, dass die japanische Investmentfirma Softbank mal eben so 6.5 Milliarden Dollar bei dem Versuch in Sand gesetzt hat, das Unternehmen WeWork, das Arbeitsplätze für Gig-Arbeiter vermietet, an die Börse zu bringen. Über WeWork gibt es einen interessanten Artikel in der “Business Week”, die ich noch nicht durchgelesen habe.

Ein Artikel über die Behandlung von Alten in Heimen. Personal-Mangel. Überall, in jedem Land. Menschen werden immer älter und ihre Zahl wächst, Pflegekräfte gibt es immer weniger. Kein Wunder, dass die Pflege nicht mitkommt. Daher ist es vorteilhaft, wenn die Alten sich fit halten. Es gibt wieder einen Artikel über die Unruhen in Hong Kong. Informationen satt in der South China Morning Post. Daher lese ich die zur Zeit nicht. Wird langsam öde.

Ich habe die heutige Ausgabe unserer Tageszeitung „Il Resto del Carlino“ vor mir liegen, in der Chefredakteur Michele Brambilla ein Interview mit dem Erzbischof von Bologna, Matteo Zuppi, führt und fragt: Existiert Gott?, Hat das Leben einen Sinn?, Endet alles nach dem Tod oder haben wir eine Aufgabe in der Ewigkeit?

Tja, was soll der arme Bischof schon dazu sagen? Ich persönlich hätte gesagt: Woher soll ich das wissen. Ich war noch nicht tot, während der Erzbischof religiös herum schwurbelt. Ok, lassen wir ihn.


Nessun commento: