Heute Morgen fuhr ich nach Finale
Emilia. Nebel hing noch über den Strassen: Po-Ebene (Val Padana)
hier. Der Kiosk dort verkauft die italienische Ausgabe von Fortune.
Die für Januar lag schon aus. Ich nahm sie mit und die Zeitung „Il
Resto del Carlino“ dazu. War die Ausgabe für Modena. Nun, wir
leben in der Provinz Ferrara, aber Modena ist ja gleich nebenan. Was
mir auffiel war ein Beitrag über den Protest der Rentner in
Concordia, deren Bar, in der sie ihre Zeit verbrachten, vom Erdbeben
zerstört worden war. Das war, wie lange ist das her? Ich meine,
2012. Habe gegoogelt: Stimmt. Jetzt wurde eine neue Bar fertig. Zu
klein, protestierten die pensionati, sie seien immerhin um die 50
Leute, die sich kennen und nun auf diverse Bars verteilen müssen.
Also die Jungs wollen nur Karten oder
Boccia spielen. Keine anderen Interessen: Irre. Was ist mit den
Leuten? Wenn sich ihre Freizeitaktivitäten auf das vorgenannte
reduzieren, hat die Gesellschaft versagt, macht aus Rentnern
ungenutzte Resourcen, die für einen positiven Beitrag zur
Gesellschaftsoptimierung beitragen könnten. Aber lassen wir das,
dafür müsste erst ein Bewusstsein geschaffen werden, das ein
Projekt entstehen liesse. Und, da haben wir es wieder: Politik ist zu
bescheuert. Doch nun zum Thema.
Die Ausgabe von Interzone enthält
ein paar gut geschriebene Stories:
Joanna Berry: The kindest god is
light
Um einen Gas Giganten, in der Art
Jupiter, kreist ein Sanatorium, in das Diplomaten aus allen
Richtungen der Galaxis einkehren, um mental entgiftet zu werden.
Protag ist kein Diplomat, sondern ein Poet. Ein Gehirnwellenmonitor
misst die Synchronisationsrate, die wider Erwarten immer dann bei dem
Poeten abfällt, wenn er Besuch von einem Angestellten des Konsulats
der Erde bekommt.
Taia, so heisst der Protag, hatte auf
der Erde einen kleinen Band mit zehn Gedichten herausgegeben, die auf
den ersten Platz der Bestsellerliste schossen. Ein Grund, ihn für
das Artist-in-residence-program vorzuschlagen. Kostenlose
Unterbringung und Verpflegung, wenn er denn wieder einige weitere
Gedichte herausbrächte. Taia hatte eine Schreibblockade.
Juotuan, die Rasse, welche das
Sanatorium leitet, wünscht Taias Bewusstsein zu kopieren, um den
künstlerischen Genius des Protags in die Bibliothek der Heilstätte
einzuspeisen. Taia sagt dem Konsulatsangestellten auf den Kopf zu,
dass der Taias Gehirnwellen manipuliert. Der gibt es zu und nennt
einen plausiblen Grund. Er wolle erreichen, dass Taia erst seine
Depression und Schreibblockade loswerden würde, bevor er sein
Bewusstsein kopieren liesse, um die Erdbevölkerung in einem besseren
Licht erscheinen zu lassen.
Am Story-Ende nähert sich die
Sync-Rate 100 Prozent, und die Blockade ist verschwunden.
Tim Chawaga: The Duchess of Drinke
Street
SF-Stories, deren Handlung auf der
Erde abläuft, werden vermutlich immer mehr den Anstieg der
Meeresspiegel zum Inhalt haben, bis sich das Thema auch in der
Mainstream-Literatur breit macht. New Lagos, eine auf dem Meer
schwappende und schwimmende Stadt. Protag, sie arbeitet in der
Lebensmittelindustrie und ihr schwebt vor, ein kleines Café
zu eröffnen, das cupcakes verkauft. Cupkakes sind ein
tassenförmiges Gebäck. Googeln hilft auch hier. Die Konkurrenz in
New Lagos ist heftig und der Protag möchte eine Bewertung in dem
Blog „The Duchess of Drinke Street“. Die Bewertung des Food
Bloggers ist nicht so, wie der Protag sie erwartete.
Speisen, Getränke: Ein interessantes
Thema. Italiener essen gern. Als ich vor Jahren noch mit den Leuten
aus unserem Dorf vor der Bar sass, waren die Themen Fussball,
Restaurants und Kleinkram. Da ich bei meiner Frau auch gut aufgehoben
bin, wenn es was zu Essen gibt, habe ich diese etwas dürftigen
Diskussionen aufgegeben. Das wäre auf die Dauer so, als säße ich
mit den vorgenannten Pensionären zusammen, die Boccia oder Karten
spielen. Ich kann meinem Gehirn nicht zumuten, dass es in einen
Dauerschlaf verfällt. Wie auch immer: in Hamburg, meinem Geburtsort,
gab es eine beträchtliche Anzahl von Ethnic-Food Restaurants, die
gut besucht waren. In italienischen Städten kann man sie an der Hand
abzählen. International kochen ist interessant, weil man sich die
Quellen erarbeiten muss, um an die Zutaten heran zu kommen. Doch
meine Frau kocht italienisch und warf mich aus der Küche, weil ich
zu viele Pfannen und Töpfe benutzte und außerdem sei sie die
Hausfrau. Genug Zeit also für mich, diesen Eintrag für das Blog zu
erstellen.
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