Da ich im Moment nichts anderes zu posten habe, präsentiere ich eine meiner berüchtigten Minuten-Novellen. Ta-daaaa:
Klaus
Eylmann
Durchbruch
“Mergentheimer!” Der
sah hoch. Dr. Stillers Gesicht war so ausdruckslos, wie es dessen
Falten zuließen. “Ich hatte Sie doch gestern darum gebeten, Ihren
Platz auszuräumen und zu gehen.” Stiller nickte dem
Sicherheitsbeamten zu. “Tom, Doktor Mergentheimer wurde fristlos
gekündigt. Der Mann hat genug Institutsgelder verschleudert. Sorgen
Sie dafür, dass ich diesen Menschen nicht mehr sehe, wenn ich in
einer Viertelstunde wieder komme.”
Die Äffin Viola hüpfte
über die Labortische, sprang auf einen Schrank.
“Tom.” Mergentheimer
reckte seinen Hals und sah zu dem Mann hoch, der sich den Kragen
unter der Uniform lockerte und von einem Bein aufs andere trat.
“Tom, lassen Sie mich
wenigstens die Viertelstunde weitermachen.”
“In Ordnung, Doktor.
Aber bevor Dr. Stiller hier auftaucht, sind Sie draußen.”
Mergentheimer deutete
auf zwei Bilder auf dem Tisch. Schwarze Kleckse auf weißem Papier?
“Tom, sehen Sie. Ein Klecks hat Rundungen, der andere Zacken. “Nun sage ich zwei Wörter: Bouba, Kiki. Welches Wort passt zu welchem Klecks?”
“Tom, sehen Sie. Ein Klecks hat Rundungen, der andere Zacken. “Nun sage ich zwei Wörter: Bouba, Kiki. Welches Wort passt zu welchem Klecks?”
Tom kratzte sich am
Kopf. “Also, ich würde sagen. Bouba ist der runde, Kiki der
kantige.”
Mergentheimer nickte
aufgeregt. “Sie gehören zu den achtundneunzig Prozent, die das so
sehen. So hat sich Sprache entwickelt. Sensorische Areale unseres
Gehirns, vor allem der Gyrus Angularis, sie sind mit dem
Sprachzentrum verbunden und assoziieren ‘Bouba’ mit einer runden,
weichen Form und ‘Kiki’ mit einer kantigen, scharfen. Menschen
fingen an, auf diese Weise Wörter zu bilden. Und Tom”,
Mergentheimer zeigte auf Viola, die sie vom Schrank herab
beobachtete. “Das Affenhirn besitzt die gleiche Struktur, die wir
in jener Zeit hatten. ”
“Viola”, rief
Mergentheimer und streckte ihr die Bilder entgegen. “Bouba! Kiki! –
Viola!”, Mergentheimers Stimme wurde schrill. “Was ist Bouba!,
Was ist Kiki? Nun sag schon.”
“Doktor.” Toms
Gesicht legte sich in mitleidige Falten. “Affen können nicht
sprechen.”
“Aber sie kann doch
mit der Hand darauf deuten. Viola, Bouba! Kiki!” Viola sah von
einem zum anderen.
“Und sie versteht auch
nicht, was Sie sagen.” Tom schnallte seinen Waffengürtel ab und
legte ihn auf den Tisch.
“Ich geh mal
austreten. Wenn ich wiederkomme, muss ich Sie vor die Tür setzen.”
“Bouba! Kiki!” Viola
starrte auf den kleinen Mann, der sich kopfschüttelnd hinsetzte.
Dann griff Mergentheimer nach Toms Pistolengurt, zog die Waffe hervor
und legte sie vor sich auf den Tisch. Aus Violas Perspektive sah sie
eher kantig aus, dachte er und zeigte mit dem Finger darauf: “Viola,
Kiki!”
Wie ein Blitz sprang die
Äffin vom Schrank, griff nach der Pistole, zielte auf Mergentheimers
Kopf und drückte ab.
Als Tom ins Labor
zurückkehrte, lag Mergentheimer auf dem Boden und hörte, dass Viola
einen zweiten Schuss abfeuerte. Er sah, wie die Äffin die Pistole an
ihrem Fell abwischte. Dann beugte sie sich zu Mergentheimer hinab.
Erstaunen war das Letzte, was dessen Bewusstsein ausfüllte, als
Viola ihm die Pistole in die erkaltende Hand drückte, ihre Zähne
fletschte und grunzte: “Bang-bang.”
Dann sprang Viola auf den Schrank zurück und sagte kein Wort. Und
das blieb auch so.
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