Coversong Roads

domenica, novembre 24, 2024

Minutennovelle: In der Lok

 


Die wollten nicht. Die wollten einfach nicht mehr. Die life-work balance Generation. Und wenn ihnen schon ein Lokomotivführerjob angeboten wurde, dann nur 4 Stunden am Tag. Davon 2 Stunden für die Rückfahrt.

„Tja“, sagte Frau von Schnöseldorf. „Was machen wir da?“

„Fahrerlos“, antwortete Piefke. Das war der Mann mit guten Ideen. Piefke hatte eine gewisse Popularität. Er sprach Dinge an, an die andere nicht zu denken wagten.

„Das Dumme ist nur. Die KI will auch nicht. Sie hat keine Lust, ständig auf Gleise und Signale zu sehen. Deswegen haben wir eine Maschine entwickelt.“

„Doch nicht intelligent, oder?“

„Sie wird in Krankenhäusern eingesetzt. Bei Patienten, für die eine Chance besteht, wieder herauszukommen.“ Piefke blickte auf Frauen und einen Mann in dunklen Anzügen am Konferenztisch.

„Sie gräbt sich durch die Erinnerungen von Patienten und spürt Jugendträume auf.“ Piefke ging zum Fenster, sah hinaus, drehte sich wieder um. „Es ist kaum zu glauben, wie viele dieser Patienten in der Jugend Lokomotivführer werden wollten.“

Vorstand Dr. Wischhofen erhob sich und übernahm. „Meine Damen, mein Herr. Wir haben es nicht nur mit einem Lokomotivführerproblem zu tun. Wir stehen vor einer neuen Gesellschaftsordnung, vor einer, wie ein ehemaliger Bundeskanzler, dessen Namen ich vergessen habe, sagte: Vor einer Zeitenwende.“ Wischhofen setzte sich und nickte Piefke zu, der fortfuhr:

„Eine temporäre Symbiose von Mensch und Maschine.“


Es war soweit. Hans Dampf stieg am Bahnhof von Winzhausen in den Führerstand. EC-3 wartete auf ihn.

„Willkommen, Hans“, säuselte eine Frauenstimme. „Ich bin froh, dass du hier bist.“

Hans war es auch. Ihm wurde ein Traum erfüllt. Der war zwar inzwischen verloren gegangen. Aber der Aufenthalt in der Klinik machte ihn wieder lebendig. Nun stand er in der Führerkabine, wartete auf das Startsignal.

Der Zug fuhr ab. „Hans, alles klar?“ Eine Stimmt füllte den Raum.

„Ja“. Hans setzte sich. „Bin zwar etwas spät dran. Wollte als Junge Lokomitivführer werden. Das mir das im Alter von 53 Jahren noch passieren konnte.“

„Was bin ich froh. Mir wurde es zu langweilig, nur auf Gleise zu sehen und auf Signale zu achten.“

„Oh“, rief Hans. „Du bist gerade über ein rotes hinweg gefahren.“

Da krachte es.

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