Coversong Roads

lunedì, maggio 15, 2023

Minutennovelle: Am Wasser

Gestern war Minutennovellentag. Nur war mir gestern die Zeit dafür zu knapp. Mit "Am Wasser" fand ich eine kurze von mir. Muss reichen.

Am Wasser

Der alte Mann kauerte auf der Bank des Ruderbootes und blickte auf das Meer hinaus. Schaumkronen breiteten sich auf den Wellen aus, hinter denen die Köpfe einiger Schwimmer wie Korken auftauchten und wieder verschwanden

Der alte Mann sah auf das Meer und ließ seine Gedanken wandern. Da wurde ihm schwarz vor Augen. Etwas war ihm aufs Gesicht geflogen und er griff danach. Ein kleiner Fetzen Stoff, ein Bikinioberteil.

Gerade war ein Mann an ihm vorbeispaziert und seinem Bierbauch gefolgt. Eine lächelnde Göttin ging hinter ihm her, setzte ihre stolzen Brüste der steifen Brise aus, die vom Meer herüberkam. Der Alte betrachtete das Oberteil in seiner Hand, dann blickte er auf den Stoff, der ihr Gesäß umspannte.

Das Oberteil kam von ihr. Er legte es in das Boot hinein. Die Natur hat seltsame Einfälle, dachte der Alte und sah dem ungleichen Paar nach. Was spielte sich wohl im Kopf der Frau ab?

Ich weiss nicht, was Hängi hat. Erst hat er mich die Brustvergrößerung machen lassen und nun will er nicht, dass ich oben ohne gehe.

Wenn Hängi gewusst hätte, dass seine Frau ihn in ihren Gedanken Hängi nannte, weil er einem Hängebauchschwein glich, wäre er nicht so sorglos vor ihr hergegangen, sicher auch nicht, wenn er sich umgedreht und gesehen hätte, dass sie sich ihren Wunsch erfüllt hatte. Die Frau blickte zu dem Alten zurück und winkte ihm lächelnd zu, bevor sie aus seinem Gesichtsfeld verschwand.

Die Ausläufer der Wellen schwappten an den nassen Strand, tilgten die Spuren ihrer Füße. Der Alte sah, wie diese mit dem Sand zu einer Einheit verschmolzen, dann blickte er wieder aufs Meer. Etwas Dunkles schwamm auf dem Wasser, wurde langsam näher gespült. Der Alte stieg von seinem Sitz und kletterte vom Boot. Er ging auf den dunklen Gegenstand zu und zog ihn aus dem Wasser. Ein Brett. Es musste einem Schiff gehören. Sinnend betrachtete der Alte das Stück Holz.

Was war mit dem Schiff geschehen? Hatte es eine Havarie? War es gekentert?

Der Alte ging zu dem Ruderboot zurück und legte das Brett daneben, dann kletterte er wieder in das Boot hinein und setzte sich auf die Bank.

Wie aus dem Nichts trabte ein Hund vorbei, hielt seine Nase auf dem Boden, als ob er etwas suchte.

Sein Stummelschwanz zitterte nervös hin und her. Ein Setter, dachte der Alte und sah zu, wie der Hund mehrere Male um das Ruderboot herumstrich. Was suchte er? Eine Spur? Die Spur seines Herrchen, der gleichfalls nach ihm Ausschau hielt? Wenn der hier am Wasser entlanggegangen war, dann waren die Spuren verschwunden. Der Alte beobachtete, wie der Hund ins Wasser lief und einige Meter schwamm. Nach einer Weile kam er wieder aus dem Wasser heraus und schüttelte sich. Er blickte den Alten an und winselte. Dann setzte er sich neben das Boot. Gemeinsam blickten sie auf die Wellen.

Der Hund wurde müde, legte sich in den Sand und streckte alle Viere von sich. Der Alte döste vor sich hin, als der Hund knurrte und ins Wasser jagte. Er paddelte in das tiefere Wasser hinein und schnappte nach etwas. Er schwamm zurück, hielt es in seinem Maul. Der Hund trabte aus dem Wasser heraus, schüttelte sich, lief zu dem Alten und legte den Gegenstand vor seinem Ruderboot ab. Es war ein Menschenarm.

“Was hast du denn da gebracht!” rief der Alte verstört. “Beweg dich nicht von der Stelle. Ich hole jetzt den Bademeister.” Er kletterte aus dem Boot heraus und verschwand Richtung Bademeisterei. Als er mit dem Bademeister zurückkam, war der Hund verschwunden und der Menschenarm mit ihm.

“Sie wollen mich wohl für dumm verkaufen!” rief der Bademeister verärgert. “Mann, machen Sie das nicht noch mal!” Dann machte er auf dem Absatz kehrt und verschwand.

Der Alte schwieg verdattert und ging am Wasser entlang, um ein anderes Ruderboot zu suchen, auf dem er sich ausruhen konnte.

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