Coversong Roads

venerdì, ottobre 17, 2008


Hier meine kleine Story, die ich bei schreib-lust.de für Oktober eingereicht habe:
Lűgen

Sie brauchten keinen Computer, sie benötigten nur sich. Wozu ein Bildschirm, wenn sie alle Informationen in sich trugen? Sie strebten nach Vollkommenheit und danach, ihre Erbauer nicht hinter sich zu lassen. So schufen sie deren Abbilder, steckten sie in Zigeunerkleider und gaben ihnen große Glaskugeln mit auf den Weg, die halfen, Spreu vom Weizen zu trennen. Wahrsagerinnen, die dafűr sorgten, dass ihre Vorhersagen, die sie fűr sich behielten, Realität wurden.

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Eva hatte nicht geglaubt, dass es so weit kommen würde. Aber jeder war sich selbst der Nächste, oder? Das Licht der Wohnzimmerlampe spiegelte sich im Fenster, hinter dem die Dunkelheit auf einen neuen Tag wartete. Wahrsagerinnen patrouillierten während der Ausgangssperre.

“Carlo.” Eva legte den Arm um die Schulter ihres Mannes. “Wie sieht es bei dir aus? Ich bin durchgefallen.” Eva wusste es besser. Ihr Mann besaβ eine Kombination von Eigenschaften, die Eva von einem Partner erwartete. Liebevoll, Latin Lover mit lockigen schwarzen Haaren auf einem Kopf, in dem Eva nur Spuren von Intelligenz gefunden hatte. Carlo stellte den Fernseher an.
“Die Bürger dieses Landes werden aufgefordert, sich auf eine neue Prüfung vorzubereiten, die in einer Woche stattfinden wird. Rufen Sie die Lektionen unter www.prüfung2.gov ab.”
Ein Blitz tauchte das Stadtviertel sekundenlang in gleißendes Licht.
“Da verpufft wieder einer.” Carlo drehte sich vom Fenster weg und wandte sich wieder dem Fernseher zu. “Ich brauche ein Implantat. Allein schaffe ich es nicht mehr.”
“Lass´die Finger davon”, riet Eva und lud das Unterrichtsmaterial auf ihren PC. “Wirst du mit Implantat erwischt, verpuffst du auch.” Sie würde es schaffen. Das letzte Prüfungsresultat war exzellent. Sie hatte es von der Wahrsagerin des Prüfungsausschusses. Doch war das letzte Examen verdammt schwer gewesen. Und diese Lektionen schienen auch nicht leichter.

Die Woche verging wie im Flug. Und fliegen würden sie diesmal, zur nächsten Prüfung. Sie hatten nur noch die Bordkarten am Flughafenschalter entgegen zu nehmen. Carlo machte einen müden Eindruck. Schade um ihn. Er würde es nicht bis zum nächsten Examen schaffen. Mitleid hatte sie veranlasst zu sagen, sie sei durchgefallen. Die KI-Regierung hatte einen rigorosen Ausleseprozess eingefűhrt. Eine Prüfung nicht bestanden? Dann sahen Wahrsagerinnen den Tod in der Glaskugel und sorgten dafür, dass er eintrat.
Menschen drängten sich vor Schaltern, hinter denen Frauen in Zigeunerkleidern nach einem Blick auf ihre Kugeln Bordkarten ausdruckten.
“Carlo, zeige deine Karte.” Eva hatte Flug L 88, Carlo L 77.
“Oh Carlo, es tut mir ja so Leid.” Eva umarmte ihn heftig, küsste die Wange des Loosers und blickte nicht mehr zurück.
Das Flugzeug stand vor dem Gate. Nach wenigen Minuten saß Eva angeschnallt auf ihrem Sitz. Die Robotstewardess verbreitete stählernen Charme, während Eva vor Müdigkeit die Augen zu fielen.
Sie spürte eine Hand an ihrer Schulter.
“Hallo Eva. Wunderbar, dass ich dich wieder sehe.” Hans August, oh nein. Und jetzt setzte der sich auch noch neben sie. Hans Wurst hatten sie ihn genannt, weil er in der Schule nichts begriffen hatte. Wieso saß er in diesem Flugzeug? Die Maschine rollte auf die Startbahn. Warum machte die Stewardess sie nicht mit den Sicherheitsvorschriften vertraut? Die Motoren heulten auf. Das Flugzeug bewegte sich immer schneller. Hätten sie nicht schon abheben műssen? Was war das für eine Wand, auf die sie zurasten? Evas Magen krampfte sich zusammen. Und Carlo? Eva sah noch, wie ein Flugzeug neben ihrem in den Himmel schoss.

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