Die Frau öffnete die Tür und sah zwei trübe Augen in einem teigigen Gesicht.
“Gestatten Sie, Frau Klingenberg, Hermann ist mein Name. Ich bin hier, um Erna abzuholen.” Hermanns linkes Augenlid zuckte. Nervös trat er von einem Bein auf’s andere. Frau Klingenberg wischte ihre Hände an der Schürze ab.
“Kommen Sie doch herein. Hermann, ist das Ihr Vor- oder Ihr Nachname?”
“Beides.” Sie standen im Flur und sahen sich einen Moment an.
“Erna!”, rief Frau Klingenberg. “Herr Herrmann Hermann ist hier.”
Der Korridor besaß zwei andere Türen, zwischen denen eine Anrichte stand. Durch eine von ihnen drang Ernas Stimme. “jetzt .... da, nun .... weg.” Hermann und Frau Klingenberg sahen sich an. “Jetzt ... da, nun ... weg.”
“Was sagt sie da?”
“Sagt sie denn was?” Frau Klingenberg hielt die Hand an das Ohr. “Manchmal höre ich nicht mehr so gut. Ja, was sagt sie denn?”
Hermann presste sein Ohr an die Tür und horchte, dann wandte er sich um. “Sie sagt jetzt ist er da, nun ist er weg.”
Ernas Mutter schlug sich die Hand an die Stirn. “Um Himmelswillen! Geht das schon wieder los!”
“Was denn?”, rief Hermann. Dieses “jetzt ... da, nun ... weg, jetzt ... da, nun ... weg.”
Ihm war, als höre er eine Schellackplatte mit einem Sprung.
“Wenn ich hinein gehe, weiß ich nicht, ob ich in den nächsten Stunden wieder heraus komme.”
“Sollte ich an Ihrer Stelle...”
“Bloß nicht”, unterbrach ihn die Frau. “Kommen Sie später noch mal, wenn der Anfall...” Die Frau sah verlegen zu Boden, dann gab sie sich einen Ruck.
“Ich mach’s.” Frau Klingenberg verschwand im Zimmer ihrer Tochter.
“Frau Klingenberg!” Sie kam nicht mehr. “Jetzt ist er da, nun ist er weg.” Sie sprachen es im Duett. Herrmann blieb unschlüssig im Flur, als sich ein Schlüssel in der Wohnungstür drehte. Ein stämmiger, schnurrbärtiger Mann kam herein und rief: “Wer sind denn Sie?”
“Hermann Hermann”, sagte Hermann.
“Herr Hermann Hermann? Was stehen Sie denn hier herum? Sind Sie der Mann, den meine Tochter angekündigt hat?”
“Ich wollte Erna abholen, doch sie kommt nicht aus ihrem Zimmer.” Hermanns Augenlider flatterten. “Und dann ging Ihre Frau, um sie zu holen. Doch die kommt auch nicht mehr.”
“Seien Sie mal still. Was sagen die?” “Jetzt ist er da, nun ist er weg. Jetzt ist er da, nun ist er weg...”
Herr Klingenbergs Blick huschte über Hermann hinweg und heftete sich auf die Tür.
“Hermann.” Klingenberg legte ihm eine Hand auf die Schulter. “Hermann, ich darf Sie doch so nennen. Es ist mir unangenehm, dass Sie einen Teil meiner Familie in diesem Zustand erleben. Ich gehe jetzt hinein.” Klingenberg drehte sich um. “Vielleicht sollten Sie ein anderes Mal wieder kommen.” Dann war Hermann wieder allein.
Klingenbergs Bass überlagerte die Stimmen der beiden Frauen, und Hermann fragte sich: Was war denn nun da und war dann weg?
“Vielleicht ist es nur unsichtbar!”, brüllte Hermann durch die Tür. Er legte die Hand an die Türklinke, dann zögerte er. Was auch immer es war, war es nicht ansteckend? Behutsam legte er den Blumenstrauß auf die Anrichte und ging auf die Straße, sah noch einmal zur Wohnung hoch.
Die drei drückten ihre runden Gesichter am Fenster platt, dann gaben sie sich einen High Five und Erna plumpste auf die Couch.
“Ich konnte den Kerl nicht ausstehen.”
“Erst war er da”, sagte die Mutter. Der Vater griente. “Nun ist er weg.”
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