Es ist Dienstag, der zweite Weihnachtstag, und
Zeitungen erscheinen heute nicht. So betrat ich am Morgen nur die Bar
am Platz für meinen Cappuccino. Die Bar gehört Chinesen. Sehr nette
Leute. Das Paar bekam zwei Kinder und es scheint sich wohl zu fühlen.
Zumal es viele Landsleute in der Umgebung gibt, mit denen sie
persönlich oder mit WeChat verkehren. WeChat ist das chinesische
Facebook. I
In der „Business Week“ propagiert China häufig
mit zwei-seitigen Anzeigen den Fortschritt des Landes. So auch
diesmal. Xi Jinping, der große Vorsitzende, wird mehrmals erwähnt,
wenn er Schlagworte wie „Legung von Grundlagen“, „Stabilisator
der Weltwirschaft“ etc. in die Welt hinaustrompetet.
Inzwischen ist es soweit, das Chinesen, die aus den
U.S.A zu Besuch in China sind, Bedenken haben, wieder in die U.S.A.
Zurückzukehren, weil sie fürchten den Anschluss zu verlieren.
Das war so ähnlich, wenn ich als Jugendlicher am
Sonnabend nicht in den Hamburger Bierpalast gehen konnte und ich
befürchtete, Frauen zu verpassen.
Man sieht, obwohl die U.S.A. mehr Möglichkeiten
bieten, eine interessante Tätigkeit auszuüben, als Europa, dass
China sich sogar an den U.S.A vorbeischiebt.
Inzwischen gibt es eine Abstufung der Vielzahl von
Jobangeboten: Afrika, Südeuropa, Nordeuropa, U.S.A., China.
Heute Morgen habe ich mal bei Google+ reingesehen, so
nach einem halben Jahr. Ich erninnere mich, dass dort sexy Fotos von
Frauen zu sehen waren. Jetzt tauchen bei Google+ nur noch Themen der
Künstlichen Intelligenz, Deep Thinking, Machine Learning auf. Ist
das gut? Aber dann haben wir ja noch die Bild-Zeitung.
Im letzten Blog-Posting erzählte ich von dem Film,
in dem sich ein Kranker einfrieren ließ um auf bessere medizinische
Bedingungen in der Zukunft zu hoffen. Dazu fiel mir doch glatt wieder
meine Minuten-Novelle „Die Wolldecke“ ein.
Die
Wolldecke
Der
Mann war sehr alt, als er mit seiner Frau bei Alcor in Scottsdale,
Arizona eintraf. Sie hatten eine Reisetasche mit. Es sollte in die
Zukunft gehen. Die Formalitäten waren erledigt. War die Wissenschaft
so weit, dass sie Individuen verjüngen konnte, sollte das Paar
aufgeweckt werden.
Er
friert so leicht, dachte die Frau, als sie sah, wie ihr Mann
eingeschläfert und in den Behälter mit dem Helium gelegt wurde. Zu
Hause hatte sie ihm eine Wolldecke auf die Beine gelegt. Als die
Techniker weg sahen, öffnete sie Reisetasche und Heliumbehälter.
Sie holte eine Wolldecke hervor, legte sie über die Beine ihres
Mannes und klappte den Deckel sachte zu.
“Sie
haben dreihundert Jahre überdauert, gnädige Frau. Wir können Sie
verjüngen. Kommen Sie”, strahlte der Mann im weißen Kittel, zog
sie aus dem Heliumsarg und ging mit ihr zu dem anderen Behälter.
“Sie wollen doch sicher dabei sein, wenn wir Ihren Mann aufwecken.
Öffnen Sie bitte.”
Gleich
konnte sie ihren geliebten Mann in ihre Arme schließen. Nach
dreihundert Jahren, und sie riss den Deckel hoch. Der Schrei blieb
ihr im Hals stecken. Der Mann im weißen Kittel zog eine Wolldecke
aus der glibberigen Masse.
“Ein Grad wärmer,
und der Körper löst sich auf”, meinte er bedauernd. “Doch die
Wolldecke ist noch gut erhalten.”
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