Coversong Roads

domenica, gennaio 15, 2023

Minutennovelle: Auf dem Fahrrad um die Welt

“Kompanie… aufstehn!”


Heinz stemmte sich hoch und stiess mit dem Kopf gegen die Stahlmatratze. Sein Schädel brummte. Er setzte sich für einen Moment auf sein Bett, blickte auf den Boden, während Otto von oben herunter sprang.

  “Los Heinz. Keine Müdigkeit vorschützen. Aufstehen, waschen und anziehen!”

  Heinz murmelte etwas vor sich hin und schlurfte zum Waschraum. Mann, was für ein Fusel. Der gestrige Abend war tierisch gewesen. Ihm kam das eigenartige Türschild wieder in den Sinn, dass er im Suff gefunden hatte, als er eine Abstellkammer mit ihrer Kabine verwechselte. ‘Fitness Raum’ hatte draufgestanden. Was war das? Schweigend wuschen sie sich und gingen wieder in ihr Zimmer zurück. Kaum hatten sie sich angezogen hiess es: 


“Kompanie…. raustreten zum Frühstueck!” 


Sie traten auf den Gang und marschierten mit den anderen geschlossen zum Speisesaal. Auch hier nur Männer. Sie mussten sich noch gedulden.

  Fünfundvierzig Minuten später war es soweit. Eine Stimme brüllte:


 “Kompanie…. raustreten zum Dienst!” 


 Geschlossen marschierten sie in den Energieraum mit seinen 200 chrom blitzenden Trainings Rädern. Dort trat die 5. Kompanie im Gleichtakt in die Pedalen. Rechter Fuß, linker Fuß, rechter Fuß, linker Fuß, rechter Fuß, linker…..Sie wartete auf ihre Ablösung. 

  Heinz und Otto schwangen sich mit den anderen Männern der 6. Kompanie auf ihre Raeder. Inzwischen war auch die Frauenkompanie eingetroffen, die es ihnen gleich tat.  Otto sah Heinz an und dann Lara. Heinz war klar, was Otto dachte. Lara war ein Ereignis. Wenn sie sich in ihrem engen Overall aufs Rad schwang, wurde ihnen heiss. Dann blickte Heinz sich um und betrachtete mit Ehrfurcht die Tandems im Hintergrund des Saales. Auf ihnen saßen die Ehepaare. Ihnen stand eine Doppelkabine zu. Einige wenige Lenker waren versilbert, andere vergoldet. Einer schien mit Diamanten besetzt. Heinz hatte den Eindruck, die Senioren würden jeden Augenblick von ihrem Rad herunterfallen. So lange hatten sie es schon miteinander ausgehalten. 

  Ihr Stabsunteroffizier hatte seine beiden Pauken aufgebaut und gab den Takt vor, mit dem Heinz und seine Kameraden in die Pedalen traten. Die Frauen und Männer der 5. Kompanie sprangen von ihren Rädern herunter, ihr Stuffz baute seine Pauken ab und die 5. Kompanie verschwand im Gleichschritt auf dem Weg zu ihrem Kabinentrakt.

  Das Leben war hart aber befriedigend. Sie alle wussten, ohne ihren täglichen Einsatz wäre ihr Raumschiff schon lange auf dem Planeten zerschellt, den es  umkreiste. Sie hatten eine Aufgabe, die gab ihrem Leben einen Sinn. Die Besatzung trat in drei Schichten rund um die Uhr, 7 Tage in der Woche im Energieraum in die Pedalen, sorgte dafür, dass das Schiff auf einer stabilen Umlaufbahn blieb. Der Einsatz war hart. Nur zwei Personen durften gleichzeitig für einige Minuten den Energieraum verlassen. Wenn es mehr täten, würde das Schiff in einer Todesspirale auf den Planeten stürzen. Das wussten sie, das hatten ihre Großeltern schon gewusst, das war ihnen mehr als einmal erklärt worden. Es gab auch Videos darüber. Heinz blickte zu Lara hinüber, die sich angeregt mit ihrer Nachbarin unterhielt. Mit welcher Anmut sie in die Pedalen trat. Heinz war hingerissen, als sie zu ihm hin schaute und ihm ihr geheimnisvolles Lächeln schenkte. Wie schoen waere es, mit ihr auf einem Tandem zu sitzen!   


  Schiffsingenieur Brown schaltete seinen Monitor aus. Den Film hat er nun schon tausend Mal gesehen. Ächzend erhob er sich aus dem Sessel und ging zur Offiziersmesse empor. Es gab nicht mehr viel für ihn auf dem Raumschiff zu tun. Alle paar Monate die Steuerdüsen feuern lassen, um die Umlaufbahn zu korrigieren. Das wars dann schon.

  Captain Miller und McGrew, sein erster Offizier, hingen halb betrunken in den Sesseln. “Hey Brown, komm her und trink mit uns. Trink mit uns auf die zillionste Umkreisung um diesen gottverdammten Planeten.”

  “Mensch Miller,” Brown holte ein Glas aus dem Schrank und schenkte sich den synthetischen Whisky ein, “wenn wir das jetzt jeden Tag machen, vergesse ich noch im Suff, die Steuerdüsen einzuschalten, und wir stürzen tatsächlich auf diesen Schwefel Stinker, von dem wir nicht mehr loskommen.”

  “Was denn,” meinte McGrew, “dann haben unsere Jungs und Mädels nicht kräftig genug in die Pedalen getreten.”  Dröhnendes Lachen hallte durch die Messe. Dann wurde es still und  Brown sah mit Tränen verschleierten Augen, wie Millers Schultern zuckten.

    


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