Coversong Roads

domenica, aprile 13, 2025

Minutennovelle (Arkham Story): Mit dem Bus nach Dunwich


Schneider sah zu dem Taxi hinüber, zur anderen Seite des Marktplatzes. Sie kannten den Fahrer, den mit den Fischlippen, doch nun standen Udo und er mit ihren Trolleys auf dem Bürgersteig vor dem Hotel, warteten auf den Bus. Es nieselte. 

Die Kirchturmglocke dröhnte unter Wolken verhangenem Himmel, ein Bus tauchte auf, schniefte, hielt. Der Fahrer stieg aus, nahm Schneider und Udo die Trolleys ab, verstaute sie. Schneider warf einen letzten Blick auf die Cthulhu-Statue, stieg mit Udo die Stufe hoch. Sie setzten sich hinter den Fahrer. Der Bus stand noch ein paar Minuten vor dem Hotel. Hinter ihnen, am Ende des Buses saß eine Frau und blickte nach draußen. Schneider gab Udo einen Stoß in die Rippen und deutete mit seinem Kopf hinter sich. Udo drehte sich um: Das war doch die Frau, die ihnen in der Miskatonic University Kaffee eingeschenkt hatte...

„Endlich wieder ein paar Fahrgäste“, brummte der Fahrer. „Außer Elsa sehe ich selten welche.“

„Elsa?“, fragte Schneider. „Die Dame hinter Ihnen“, meinte der Fahrer. Ein grüner Schuppenkamm schob sich durch seinen Haarschopf, zuckte, bevor er wieder verschwand. „Sie besucht ihre Schwester in Dunwich, die dort arbeitet.“

„In der Fischfabrik?“, fragte Udo. Der Fahrer nickte und setzte den Bus in Bewegung. Er entfernte sich vom Markplatz, fuhr die Straße zum Hafen hinab, bog nach links ab, rollte in eine steppenartige Landschaft. Fenster und Türen starrten sie an.

„Farmhäuser“, erklärte der Fahrer. Der Bus rumpelte, knirschte, knarzte. „Unbewohnt. Doch selbst die fallen weg. Wir nähern uns einer Brachlandschaft. Wächst nichts, nachdem dort ein Meteorit eingeschlagen war. Gerüchte gehen um, dass vor etwa einhundert Jahren etwas anderes, Unerklärliches, in den Boden eingedrungen und sich in einer Wasserquelle niedergelassen hat.“ Der Fahrer schwieg. Dann: „Sehen Sie hinaus, ich mag diese Landschaft. Und dieser Nieselregen. Fühle mich wohl in meiner Haut.“

`Kein Wunder´, dachte Schneider. `Wasser affin, so wie er aussieht.` Auch Schneider mochte Nieselregen, schläfrige Atmosphäre, wenn man unter dem Terrassendach auf eine verhangene Landschaft blickte und Gedanken freien Lauf ließ. Schneider erhob sich etwas, schob seine Hand über Nacken und Kopf und ließ sich beruhigt wieder in den Sitz fallen. Ihm kam seine Grossmutter in den Sinn. Die Mutter seines Vaters besaß ein Stück Land in Hamburg in der Nähe des Stadtparkbahnhofes und pflanzte dort Kartoffeln an. Als Junge kam er bei ihr vorbei und half Maden von den Pflanzen zu entfernen. Bei leichtem Regen, wie jetzt. Toll. Schneider sah zum Fenster hinaus. Sie fuhren einige Kilometer.

„Als Kind“, fuhr der Fahrer dann fort, „strolchte ich dort in der Gegend herum. Wenn es nieselte hielt ich ein Rhabarberblatt über den Kopf. Der wuchs dort. Wild. Einmal begegnete mir ein Mann.

´Iss nichts davon!´ rief er. Der Mann musste ein Gesicht haben, nur war es hinter seinen Haaren nicht zu sehen. ´Sonst siehst du aus wie dieses Kaninchen.´ Der Mensch deutete auf ein Tier, dass hinter einem Busch hervorkam und in Farben leuchtete, die ich noch nie gesehen habe.“

Udo blickte auf Schneider. „So etwas in der Art hatte doch Lovecraft in einer seiner Stories geschrieben. Wie hieß die noch gleich?....“ Der Bus schnaufte eine Anhöhe hoch.

„The Colour out of Space.“ „Ah, ja. Colour. Das Kaninchen.” Udo hielt inne. “Und wie konnte Lovecraft Informationen wie diese nach draußen bringen? Das ergibt doch keinen Sinn.“

„Keinen Sinn? Wenn ich nicht Emma hätte, meine Frau, würde ich sagen: Das ganze Leben ist sinnlos. Wieso gibt es denn noch Kriege?“, ereiferte sich Schneider.

„Zum Glück spüren wir in Arkham nichts davon,“ nahm der Fahrer den Faden wieder auf und deutete mit der Hand auf die Straße. „Diese Straße ist gut erhalten. Arkham hält den Weg frei. Er ist relativ neu, so um die achtzig Jahre alt. Vorher gab es die alte Straße. Nun zugewachsen. Weil niemand mehr dort entlang fahren wollte. Aus Angst. Das Stück, in das der Meteorit einschlug, wurde pulverisiert.“

Der Bus ächzte. Von der Anhöhe aus sahen sie kleine Häuser und zwei mächtige Gebäude, hinter denen das Grau des Meeres leuchtete.

„Dunwich“, sagte der Fahrer. „Ich setze Sie vor der Fischfabrik ab, dem Gebäude auf der rechten Seite. Das auf der linken ist unsere Irrenanstalt.“

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